Von der Campagne Mühlematt zur Mühle
Historische Besichtigungen und Rundgänge
Von der Campage Mühlematt zur Mühle
Beim Treffpunkt oberhalb der Campagne Mühlematt, auf der Panzerpiste des Waffenplatz Thun, erläutert Guntram Knauer in 3 Punkten, weshalb es zu einem Waffenplatz auf der Thierachern und Thuner Allmend kam.
1. Bewaffnete Neutralität, Wiener Kongress, 1819. Im Jahr 1841 wurde der Kauf der Thuner (Artillerie-Schiessplatz) und 1863 der Thieracher Allmend incl. Mülimatt beschlossen.
2. Die Gegend lag in der Mitte der Schweiz (genauer Uetendorf)
3. Es war geeignetes Gelände wegen des Kanderdurchstichs (keine Überschwemmungen mehr), bot als Untergrund eine versickernde Schotterebene.
Aus dem Panzerkrieg von 1963/64 erläutert Guntram Kanuer zwei Zitate:
Hans Luder, Redaktor des Thuner Geschäftsblatt's, beschrieb die Ereignisse wie folgt:
„ Im September 1963 ereignete sich im Raum Thierachern-Uebeschi entscheidendes, als eines Morgens drei Panzer rücksichtslos über die eidgenössischen Pachtgüter walzten, besten Kulturboden aufwühlten, die Drainagen zerstörten, „blindlings“ in Frühlingssaaten Slalom fuhren, als ob sie niemandem Rechenschaft schuldig wären. Auch die Zäune wurden niedergemacht, trotzdem die Pächter, im Wissen, dass „sie“ kommen würden, die Durchgänge und Strässchen freigegeben hatten.“
In der NZZ stand nämlich:
„Der Platz, der einerseits das scharfe Gefechtsexerzieren bis über die Stufe Abteilung hinaus erlaubt, anderseits das Schiessen mit Panzerkanonen aushält und vor allem raummässig erträgt, ist eindeutig Thun. Nicht nur bestehen dort schon fast alle Einrichtungen (Kasernen, Hallen, Reparaturwerkstätten, Panzerpisten usw.), sondern auch die Stockhornkette bildet mir ihrer durchschnittlichen Höhe von 1900 m den grandiosesten Zielhang, den sich der Fachmann wünschen kann. Der Ankauf des Raumes (...) bis zur Stockhornkette würde praktisch alle Ansprüche befriedigen können. Allerdings bedingt die Verwirklichung dieses Platzes die Umsiedlung von Dutzenden von Familien. Die Weiler Uebeschi, Pohlern, Höfen und Oberstocken müssten geräumt werden, doch ist dieses Problem bei Kraftwerkbauten schon oft mit Erfolg gelöst worden. In der Linthebene z.B. würde den Bauern ein neues Siedlungsgebiet offen stehen.“
Der Spaziergang ging weiter zum nächsten Objekt, der Campagne bei der Mülimatt
Johann Rudolf von Stürler war in den Jahren 1771 – 1861 Gastgeber der Campagne. Er tauschte 1812 das Schlossgut Jegenstorf gegen die Mülimatt ein. 1825 war August von Platen Gast in der Campagne.
Johann Rudolf von Stürler war in den Jahren 1771 – 1861 Gastgeber der Campagne. Er tauschte 1812 das Schlossgut Jegenstorf gegen die Mülimatt ein. 1825 war August von Platen Gast in der Campagne.
Hierzu sind zwei Zitate bekannt:
Im Oktober 1825 war der junge Graf August von Platen zu Gast. Er schrieb am 9. Oktober in sein Tagebuch: «Ich befand mich im Kreise einer ganz vorzüglichen und wahrhaft glücklichen Familie, die ich nie vergessen werde. Wiewohl die französische Sprache in den vornehmen Berner Familien die herrschende ist, so war man doch hier nicht unbekannt mit der deutschen Literatur. (...) Da die Herren mehrere Tage hintereinander auf der Jagd sehr unglücklich waren und eben wieder Regen einliess, als man auf dem Niesen eine Gemsenjagd veranstalten wollte, wurde ich im Scherz gebeten, eine Ode an Diana zu dichten und sie um ihren Beistand anzuflehn.»
Ode an die Diana des Niesen, die August Graf von Platen seinen Gastgebern in der Campagne Mülimatt vortrug. Das ganze Gedicht hat 7 Strophen.
O Göttin, die du stets geleitest
Des Jägers Gang durch Feld und Wiesen,
Und gern das Hochgebirg beschreitest,
Die Blümlisalp und unseren Niesen,
Und allen stets dich allen hold erweisen
Die dir, des Städtelebens satt,
Auf wald’ger Berge Rücken huldigen:
Was zürnst du deinen ungeduldigen
Verehrern auf der Mülimatt?“
Was zürnst du deinen ungeduldigen
Verehrern auf der Mülimatt?“
Der Fussmarsch ging weiter zum Mühlebach, Guntram Knauer erläutert hier die künstliche Entstehung des Kanals, welcher das Wasser für die Wässermatten und u.a. für die zwei Wasserräder in der Mühle Thierachern lieferte.
Der letzte Halt war bei der Mühle selbst. Ohne Mühlen kein Mehl, ohne Mehl kein Brot, ohne Brot Unruhen, ja sogar Revolution. Das Recht, eine Mühle zu betreiben, gehörte daher von alters her zu den Herrschaftsrechten.
Roggenbrot in Thuner Handveste erwähnt
Wann in Thierachern begonnen wurde, Korn zu mahlen, wissen wir nicht. In einer Abschrift von 1516 ist uns der Kaufvertrag von 1411 erhalten, mit dem Elisabeth von Rümligen und ihre Tochter Anna von Velschen neben anderen Besitzungen die Mühle erwarben. An das bedeutende Geschlecht der von Velschen erinnern noch das Välschenmahd in Uetendorf und das Velschenhaus in Thun.
Die „Neue Mühle“ ist ein mächtiger Riegbau mit grossem Quergiebel im Süden, erbaut im 3. Viertel des 19. Jahrhunderts, auf einem vermutlich älteren Sockel. Im Rahmen des Umbaus 2008 wurden ausladende Balkone in filigraner Stahlkonstruktion angefügt. Dahinter ist noch die alte Riegfassade erhalten
Roggenbrot in Thuner Handveste erwähnt
Wann in Thierachern begonnen wurde, Korn zu mahlen, wissen wir nicht. In einer Abschrift von 1516 ist uns der Kaufvertrag von 1411 erhalten, mit dem Elisabeth von Rümligen und ihre Tochter Anna von Velschen neben anderen Besitzungen die Mühle erwarben. An das bedeutende Geschlecht der von Velschen erinnern noch das Välschenmahd in Uetendorf und das Velschenhaus in Thun.
Die „Neue Mühle“ ist ein mächtiger Riegbau mit grossem Quergiebel im Süden, erbaut im 3. Viertel des 19. Jahrhunderts, auf einem vermutlich älteren Sockel. Im Rahmen des Umbaus 2008 wurden ausladende Balkone in filigraner Stahlkonstruktion angefügt. Dahinter ist noch die alte Riegfassade erhalten
Der zweigeschossige Riegbau der „Alten Mühle“ wurde 1786 auf einem älteren Sockel errichtet. Das dekorative Rieg dient auch der Repräsentation. Strassenseitig fällt die zeittypische, geschwungene Ründi auf. In die stehenden Bretter der Brüstung sind Profile geschnitten, sogenannte Brettbaluster, die an die aus Stein gehauenen Balustraden städtischer Häuser erinnern sollen. Ein „nobleres“ Steingebäude sollen auch der in Grautönen marmorierte Ründipfosten und die ebenfalls marmorierten Fenster- und Laubenbänke vorgeben.
Die Funktion der Mühlesteine wurde durch Bernhard Baumann erläutert. Die beiden horizontalen Mühlsteine, über die eine Holzzarge gestülpt ist, bilden das Mahl- oder Gehwerk, und zwar ist der untere, der Bodenstein unbeweglich, während der darüber angeordnete Oberstein rotiert und daher Läufer heisst. Zur Vermahlung sind in beiden Mahlflächen Furchen, sog. Schärfen, eingehauen und zwar so, dass die Schneidkanten des oberen Steinens zu denen des unteren entgegensetzt gerichtet sind, also eine Scherenwirkung hervorbringen und so die Körner zerreiben. Die Furchen unterstützen die Zentrifugalkraft, die das Mahlgut nach aussen zu treiben strebt, das Mahlprodukt gelangt durch eine Oeffnung, das Mehlloch nach aussen oben.
Die wohlproportionierte „Mühle-Schüür“wurde vor rund 200 Jahren errichtet. Sie wurde 2008 mit Stahlträgern und – profilen geschickt umgebaut und wird heute vielseitig genutzt. Die Hocheinfahrt auf der Rückseite blieb erhalten und führt in das stützenfreie Dachgeschoss, wo die hohe Qualität traditioneller Zimmermannskunst erlebt werden kann. Die Eingangspartie an der westlichen Stirnseite erinnert mit ihren klassisch geformten Holzsäulen an repräsentative städtische Bauten